Sucht man nach den besten Destinationen, um mit Haien zu tauchen, trifft man zwar nicht sofort auf die Ostküste Südafrikas, sollte man aber. Denn die ganze Küste, vor allem aber die Region südlich von Durban, ist ein absoluter Hotspot für verschiedene Haiarten, insbesondere für Tigerhaie, Sandtigerhaie, Bullenhaie und Grosse Schwarzspitzenhaie. Mit etwas Glück begegnet man auch dem Grossen Weissen Hai, Hammerhaien oder Walhaien. Weiter sieht man regelmässig Mantas, Delfine und je nach Saison Buckelwale. Um mein Glück zu versuchen, bin ich für je 4 Tage nach Umkomaas und Shelly Beach gereist.
Tauchen an der Aliwal Shoal bei Umkomaas
Die Aliwal Shoal ist eine 3-5km vor Umkomaas vorgelagerte, parallel zur Küste verlaufende Untiefe von ca. 5km Länge mit zahlreichen Tauchplätzen, wobei je nach Planung und Bedingungen viele davon miteinander kombiniert werden können. Anders als weiter südlich, wo das Wasser im Schnitt zu kalt ist, als dass sich tropisches Riffleben entwickeln könnte, findet man hier nebst den grösseren Tieren auch viele typische Rifffische und andere Riffbewohner sowie auch Korallen, wie man sie sonst nur aus tropischen Gewässern kennt. Mit Tauchplätzen von 10-30m und tiefer bietet die Aliwal Shoal sowohl für Einsteiger als auch für Fortgeschrittene interessante Tauchgänge.
Sandtigerhaie
Von Mai/Juni bis November versammeln sich in dieser Gegend die männlichen und weiblichen Sandtigerhaie, um sich zu paaren. Danach ziehen die Weibchen südwärts in kältere Gewässer, um die Jungen auszutragen und zu gebären und die Männchen nordwärts in wärmere Gewässer. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass zur gegebenen Zeit überall an der südafrikanischen Ostküste Sandtigerhaie anzutreffen sind. Um das Zusammentreffen von Weibchen und Männchen zu erleben, habe ich meinen Besuch auf Ende Mai/Anfang Juni gelegt und wurde nicht enttäuscht. Sandtigerhaie gab es bei jedem Tauchgang, teils nur ein paar Vereinzelte, teils gegen hundert Tiere. Der absolute Hotspot war dabei die «Cathedral», an welcher ich mehrmals vorbei kam. Eine Art rundes Loch von ca. 10 Metern Durchmesser und 10 Metern Tiefe (oben 20m, unten 30m tief). In solchen Löchern oder Höhlen versammeln sich die Sandtigerhaie tagsüber besonders gerne, da sie so den Strömungen entgehen und den Tag mit möglichst wenig Aufwand hinter sich bringen können, ehe es dann in der Nacht raus auf die Jagd geht. Hier tummelten sich jeweils mindestens 50 Haie in und und um die Höhle rum:
Englisch heissen diese Haie je nach Region «Sand Tiger Sharks» (USA), «Grey Nurse Sharks» (Australien) oder «Ragged Tooth Sharks» kurz «Raggies» (Südafrika). Sie werden bis zu 3m lang und wiegen bis zu 150kg und sehen mit ihren 3 Reihen spitzig-scharfen Zähnen besonders furchteinflössend aus. Tatsächlich sind sie Menschen gegenüber aber äusserst gemächlich unterwegs und lassen sich kaum stören, es sei denn, sie werden in die Enge getrieben oder durch ruckartige Bewegungen erschreckt. Auf solche Irritationen habe ich verzichtet, kam sehr nahe an manche Haie ran und konnte ein paar coole Bilder schiessen:
Geköderter Haitauchgang
Nebst Rifftauchgängen werden an der Aliwal Shoal auch geköderte Haitauchgänge angeboten. Das funktioniert so, dass 2 durchlöcherte Fässer an einer Kette ins Wasser gehängt werden. An der Oberfläche sorgt eine grosse Boje dafür, dass die Konstruktion im Wasser schwebt. Im ersten Fass, welches auf 8m hängt, sind tote Sardinen drin. Im zweiten Fass, welches auf 15m Hängt, hat es Fischöl und andere Schweinereien drin, die sich durch die Bewegung des Fasses im Wasser und durch die Strömung in der Umgebung verteilen. Die ganze Übung ist dabei ein zweischneidiges Schwert. Der Mensch greift so zum Einen in die Natur ein (Köder alleine wäre den Haien zu wenig, sprich die Sardinen aus dem ersten Fass werden den Haien auch zum Frass vorgeworfen). Zum Anderen wird so aber ganz vielen Menschen aufgezeigt, wie sich die Tiere gegenüber Menschen verhalten und dass sie in keiner Art und Weise an ihnen interessiert sind. Bei solchen Tauchgängen sieht man andere Haiarten, als bei den Rifftauchgängen. Ich habe mir das natürlich nicht nehmen lassen und habe mich für einen solchen Tauchgang eingeschrieben. Da waren 20-30 Grosse Schwarzspitzenhaie inkl. Schiffshalter und viele Stachelmakrelen. Ein Wahnsinnserlebnis! Es sollen da gelegentlich auch Tigerhaie und sogar Grosse Weisse Haie vorbeikommen, soviel Glück hatte ich dann aber doch nicht. Wohlbemerkt, man taucht da nicht in einem Käfig, obwohl es diese Option zwar gäbe, sondern direkt Auge in Auge mit den Tieren. Auch hier war es mir möglich, sehr nahe an die Tiere heran zu kommen und gute Bilder zu schiessen:
Und so sah das Ganze bewegt aus, wobei hier mit weniger Farbe, da komplett ohne Lichtquelle (Eine starke Lichtquelle ist unter Wasser etwas vom Wichtigsten. Beim Fotografieren sind es Blitze, bei Videos entsprechende Lampen/Leuchten):
Rifftauchgänge
Bei Rifftauchgängen gab es wie eingangs angetönt nicht nur Haie zu sehen. Zwar liegt der Fokus ganz klar auf diesen Grosstieren und so entgeht einem wohl auch der eine oder andere kleinere Riffbewohner, man sieht aber auf jeden Fall auch viel Anderes als Haie. So hatten wir beispielsweise bei einem Sicherheitsstopp eines Tauchgangs zuerst einen Manta und dann eine Gruppe von 5 Delfinen. Und das, nachdem wir zuvor in der Cathedral um die 100 Sandtigerhaie sowie gleich danach eine Schildkröte gesehen hatten. Weiter gab es diverse grosse Grundrochen, Zackenbarsche, Muränen und Tintenfische. Hier ein paar Bilder dazu:
Indo-Australischer Tüpfelrochen
Mit bis zu 2m Durchmessern eine grosse Art von Grundrochen, verbreitet in allen tropischen Gebieten des Pazifiks vom Roten Meer bis Südafrika und von Französisch-Polynesien bis zum südlichen Japan. Grundrochen ernähren sich typischerweise von Krustentieren, Muscheln und anderen Fischen.
Schwarzflecken-Rochen
Eine ebenfalls bis zu 2m grosse Art von Grundrochen mit einer klar erkennbaren, schwarz-gepunkteten Musterung. Diese Art kommt ebenfalls in allen tropischen Gebieten des Pazifiks vor.
Gefleckter Riesenzackenbarsch
Man sieht’s ihm hier kaum an aber dieser Gefleckte Riesenzackenbarsch (auf englisch Potato Grouper), heisst nicht nur so, er ist auch in der Tat sehr gross. Der hier war irgendwas zwischen 1 und 1.5m, voll ausgewachsene Tiere werden sogar bis zu 2.5m gross.
Rundkopf-Fledermausfisch
Rundkopf-Fledermausfische leben einzeln oder in kleinen Gruppen und ernähren sich von Algen und kleinen, wirbellosen Tieren. Sie sind weit verbreitet und kommen im Roten Meer und im Indopazifik von der Küste Ostafrikas bis Südafrika, Japan und Neukaledonien vor.
Tauchen an den Protea Banks bei Shelly Beach
Shelly Beach liegt nur ca. 80km südlich von Umkomaas und ist daher in vielerlei Hinsicht ähnlich, wobei man hier wegen der grösseren Tiefen und der grösseren Distanz zum Festland bessere Chancen auf grössere Haiarten wie Tigerhaie oder Hammerhaie hat. Getaucht wird hier an den Protea Banks. Eine 6km lange und ca. 800m breite, versteinerte Sandbank, welche 8 Kilometer vor der Küste von Shelly Beach liegt und 27 bis 40m tief geht. Aufgrund dieser Tiefen ist das Gebiet nur für fortgeschrittene Taucher geeignet. Diese werden dafür aber je nach Saison mit unterschiedlichen Arten von Grossfisch belohnt. Auch hier war bei meinem Besuch Hochsaison der Raggies und so konnte ich weitere coole Aufnahmen dieser so furchteinflössend aussehenden Haie machen:
Nachdem man bei den Tauchgängen im Norden der Protea Banks zunächst die Höhlen voller Raggies auf 30-35m aufsucht, taucht man mit der Strömung in südlicher Richtung weiter und hofft langsam aufsteigend im Blauwasser auf andere Haiarten, die sich zeigen mögen (i.d.R. verläuft hier die Strömung von Norden nach Süden). Grosse Schwarzspitzenhaie und Bullenhaie habe ich so bei jedem Tauchgang gesehen. Zweimal hatte ich auch das Glück, Tigerhaie zu sehen und bei meinem einzigen Tauchgang im Süden, war weit weg gerade noch ein Hammerhai erkennbar, nachdem zuvor eine Gruppe von 10 Delfinen mit entsprechendem Sicherheitsabstand an uns vorbei geschwommen war. Weil es hier so viele Haie gab und auch viele von ihnen ganz nahe ran kamen, habe ich in meinen Protea Banks Fotos nebst den Raggies tatsächlich auch sonst nichts Anderes als Haie…
Bullenhaie
Südafrikaner nennen diese Art Zambezi Shark oder kurz Zambi. Der Name stammt vom Fluss Sambesi ab, denn Bullenhaie haben die Fähigkeit, auch in Süsswasser überleben zu können und so kommt es nicht selten vor, dass diese Haiart vom indischen Ozean her den Sambesi hoch schwimmt und es zu überraschenden Haisichtungen kommt. Dieses Verhalten ist nicht nur aus Afrika bekannt. Bullenhaie gibt es in vielen tropischen Gewässern und so leben beispielsweise geschätzte 500 Bullenhaie im australischen Brisbane River und bei Überschwemmungen 2010-11 wurde ein Bullenhai gesichtet, der durch die überfluteten Strassen Brisbanes schwamm. Bullenhaie werden bis zu 3.3m lang und wiegen bis zu 230kg. Alleine schon aufgrund dieser Masse aber auch wegen der kurzen, breiten Schnauze wirken Bullenhaie sehr stämmig.
Grosse Schwarzspitzenhaie
Diese Haie werden im Schnitt knapp 2m lang, sind sehr elegante Schwimmer und sehr neugierig. Diese Kombination macht diese Haie zu perfekten Fotomodellen und wegen ihres Aktivitätsgrades macht es viel Spass, mit ihnen im Wasser zu sein. Leider sind sie als «gefährdet» eingestuft, weil sie sich zum Einen sehr langsam fortpflanzen und zum Anderen einen vermeintlich hohen Ertragswert für Fischer haben. Um dieser sowie anderen Haiarten die Möglichkeit zu geben, sich zu erholen, sodass sich wieder gesunde Bestände entwickeln können, muss das Fischen von Haien und insbesondere das Finning (Jagd auf Haie nur der Haifischflossen wegen) verboten oder zumindest weltweit kontrolliert werden. Nur so können Haie langfristig überleben. Was ein allfälliges Aussterben von Haien im Detail bedeuten würde, kann heute nicht abgeschätzt werden. Es ist aber davon auszugehen, dass Meere ohne Haie ihr natürliches Gleichgewicht verlieren würden und dies mit grösster Wahrscheinlichkeit gleichermassen negative Konsequenzen für die Natur als auch für die Wirtschaft haben würde.
Tigerhai
Mein erster Tigerhai, ein Weibchen von 3m Länge. Leider kam sie nicht sehr nahe ran und so entstand nur dieses blau-grüne Foto. Doch auch so sieht man gut, was für ein schönes Tier sie ist und als Andenken bis zur nächsten, näheren Begegnung mit einem Tigerhai reicht es allemal:
Die acht Tage Haitauchen an der Aliwal Shoal und den Protea Banks gehören eindeutig zum Aufregendsten, was ich bisher unter Wasser erleben durfte. Zwar kommt die Destination kaum jemals oben auf irgendwelchen Ranglisten vor, doch sind die Begegnungen mit Haien hier nicht nur garantiert, sondern auch zahlreich und vor allem hautnah! Einen Besuch hier empfehle ich allen, die Haie mögen und das Abenteuer nicht scheuen.
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